Autoimmunerkrankungen

Welche Autoimmunerkrankungen sind wichtig?
Gegen welche Strukturen richten sie sich?


Autoimmunerkrankungen, die die Haut betreffen, können entweder nur die Haut/Schleimhäute oder aber andere Haut und andere Organsysteme betreffen, je nach Zielstruktur.

Die häufigsten Autoimmunerkrankungen beim Hund sind Pemphigus foliaceus (PF),
Diskoider Lupus Erythematosus (DLE) und
Pempigus erythematosus (PE), seltener
Bullöses Pemphigoid,
Pemphigus vulgaris (PV) und
Systemischer Lupus Erythematosus (SLE).
Bei Katzen kommt fast ausschließlich der Pemphigus foliaceus vor.

Große Unterschiede zwischen diesen Erkrankungen machen die unterschiedlichen Zielstrukturen der aggressiven Reaktionen des Organismus. Sie bestimmen natürlich das Ausmaß und den Schweregrad der Symptome und die Art der Therapie.

Beim Pemphigus sind die Reaktionen des Körpers gegen die Verbindungsstrukturen zwischen Zellen der Haut gerichtet: Bei der mit Abstand häufigsten Form, dem Pemphigus foliaceus, gegen die Zellen in der Epidermis, die viel Desmoglein I enthalten und sich daher besonders im Bereich von Nase, Nasenrücken, Augenumgebung, Ohren und Pfoten befinden, beim Pemphigus erythematosus gegen Desmoglein III-reiche Zellen, also den Bereich von Haut-Schleimhaut-Übergängen (Nase, Augen, Lefzen, After, Scheide, Präputium).

Das Bullöse Pemphigoid und der Pemphigus vulgaris richten die Reaktionen deutlich tiefer gegen die Zellverbindungen im Bereich der Basalmembran, also dem Übergang zwischen der Epidermis und der Dermis, dementsprechend gravierender sind die Hautveränderungen, die diese beiden Erkrankungen entweder im Bereich der Haut und/oder der Schleimhäute anrichten.

Die Lupus-Erkrankungen attackieren dagegen nicht Zellverbindungen, sondern Zellkerne. Gegen diese werden Antikörper gebildet ("antinukleäre Antikörper", ANA), die im Blut messbar sind.

Die gutartige Variante DLE attackiert nur Zellen einiger spezieller Lokalisationen in der Haut, nämlich im Bereich des Nasenspiegels/Nasenrückens, seltener im Bereich der Augenlider.

Bei der systemischen Variante SLE attackiert der Körper hingegen Zellen verschiedenster Organsysteme (gesamte Haut, Gelenke, Nieren, Lunge, verschiedenste Blutzellen...), so dass die Symptome entsprechend vielfältig und gravierend sind und die Erkrankung unbehandelt schnell zum Tode führen kann.

Beim SLE sind die Antinukleären Antikörper im Blut fast immer deutlich positiv, beim DLE nicht.

Bei Pemphigus-Erkrankungen, bei denen ja keine Zellkerne attackiert werden, sind die ANA – falls sie bestimmt werden – in der Regel negativ.

Welche Symptome zeigen die wichtigsten Erkrankungen?

Der Pemphigus foliaceus beginnt mit Pusteln, die sich nach der Zerstörung von Zellverbindungen untereinander innerhalb der Epidermis bilden. Sie platzen aber wegen der sehr dünnen Epidermis bei Hund und Katze sehr schnell, so dass meist nur noch die aus ihnen entstehenden Krusten sichtbar sind. Diese können sehr zahlreich und dick sein.

Beim Hund sieht man sie vorwiegend im Bereich des Nasenrückens, um den Nasenspiegel, um die Augen und innen und außen an den Ohrmuscheln, evtl. später auch am ganzen Körper. Der Juckreiz ist unterschiedlich stark, kann auch fehlen. Oft verhornen die Ballen gleichzeitig übermäßig, und die Krallen wachsen plötzlich viel schneller als zuvor.

Tiere aller Altersgruppen und Rassen können betroffen sein.
Katzen zeigen ähnliche Veränderungen wie Hunde. Typisch sind bei ihnen Krallenbettentzündungen (sonst bei Katzen sehr viel seltener als bei Hunden!) einer oder mehrerer Krallen, mitunter mit typischem käsigem Exsudat.

Auch krustöse Veränderungen um die Zitzen sieht man bei Katzen mit PF oft. Allgemeinstörungen und Fieber sind bei erkrankten Katzen häufig.

Beim DLE und beim PE sind die ersten Symptome meist ein Pigmentverlust im Bereich des Nasenspiegels, oft seitlich im Bereich des Nasenflügels oder auch an der Nasenscheidewand (seltener der Lider). Dieser kann sich auch wieder spontan bessern oder über einige Zeit unverändert bleiben und sich dann plötzlich verschlimmern.

Parallel tritt am Nasenspiegel ein Verlust der nasalen Architektur auf, d. h., die vorher pflastersteinartige Oberfläche wird glatt. Schnell kommt es dann zur Ausbildung von Krusten und teilweise sehr unangenehmen Blutungen, die durch Niesen und Kopfschütteln des Hundes noch verstärkt werden.

Auch Sekundärinfektionen des derart veränderten Gewebes sind häufig. Das Allgemeinbefinden ist meist nicht deutlich gestört. Die Erkrankung wird durch UV-Licht verschlimmert, ist also bei den meisten Hunden in der wärmeren Jahreszeit besonders schlimm.

Welche Tiere sind betroffen?

Für den PF gibt es keine echten Rassenprädispositionen. DLE und PE betreffen besonders oft Deutschen Schäferhund, einige britische Hütehunde (Collies, Bearded Collies, Border Collies, Shelties), Australian Shepherds und Siberian Huskies. Generell sind Tiere mit schwach pigmentierter Haut/Schleimhaut und "langen Nasen" anscheinend anfälliger.

Wie wird die Erkrankung nachgewiesen?

Bei entsprechendem Verdacht sollten Gewebeproben entnommen und von einem erfahrenen Dermato-Histopathologen für Tiere untersucht werden. Weil diese Autoimmunerkrankungen häufig sekundär infiziert sind und dann die Entzündungszellen die eigentlichen krankheitstypischen Veränderungen überdecken können, empfehlen die meisten Histopathologen eine Behandlung mit hautwirksamen Antibiotika über mindestens 3-4 Wochen, bevor die Gewebeproben entnommen werden, um wirklich optimale Ergebnisse zu erhalten.

Beim PF können auch Pusteln eröffnet und zytologisch untersucht werden. die beteiligten Zellen sind oft schon charakteristisch, so dass eine Gewebeprobe eventuell unterbleiben kann.

Wie wird behandelt?

Der PF wird normalerweise mit Medikamenten, die die Überreaktion des Organismus unterdrücken, behandelt, also mit Cortisonpräparaten in höherer Dosierung, meist kombiniert mit anderen Medikamenten wie Azathioprin (beim Hund) oder Chlorambucil (bei der Katze). Diese Medikamente werden so schnell wie möglich so weit reduziert, wie es der Krankheitsverlauf erlaubt, und - falls möglich - auch abgesetzt.

Entsprechende Kontrolluntersuchungen des Blutes (v. a. Blutbild und Leberwerte) werden anfangs alle 2-4 Wochen, später seltener durchgeführt.

Für den PE und den DLE gibt es Alternativen, die ebenfalls auf das Immunsystem wirken und dessen Überreaktionen bremsen. Gebräuchlich ist die Tablettenbehandlung mit Tetracyclin oder Doxycyclin plus Nicotinamid, die meist sehr gute Erfolge zeigen. Kombiniert wird diese mit örtlich angewendeter Cortisoncreme oder – relativ neu – mit Tacrolismus-Creme (Protopic), die ähnlich gut wie Cortison wirkt ohne dessen Nebenwirkungen. Die Behandlung ist fast immer eine Dauerbehandlung.

Unerlässlich ist eine Vermeidung starker Sonneneinstrahlung! Diese depigmentierten Hautbezirke liegen an den "Sonnenterrassen" des Körpers, wo die UV-Strahlen fast senkrecht einfallen und kein entsprechender Schutz durch Pigmentierung mehr vorhanden ist. DLE und PE werden durch UV-Strahlen verschlimmert, und das Risiko späterer Schäden an diesen Stellen ist groß (gefürchtet sind v. a. die hochbösartigen Plattenepithelkarzinome)!

Quelle


Druckbare Version