| | Diagnostik Kardiologische Diagnostik beim Hund Der kardiologischen Diagnostik kommt beim Hund eine große Bedeutung zu. Nicht nur weil Kardiopathien beim Hund relativ häufig auftreten, sondern auch weil jede Allgemeinuntersuchung eine Auskultation des Herzens einschließen sollte. Besonders wichtig ist dies bei der Erstuntersuchung von Welpen, um angeborene Herzfehler möglichst frühzeitig zu erkennen. Auch vor jeder Narkose sollte eine gründliche Untersuchung des Herzens erfolgen, um angemessen auf das erhöhte Narkoserisiko eines Herzpatienten reagieren zu können (Kersten und Morisse 2001).
Anamnese Eine gründliche und ausführliche Anamneseerhebung ist von großer Bedeutung, da vor allem die Beurteilung des Schweregrades einer Herzerkrankung maßgebend von der subjektiven Beurteilung des Besitzers abhängt (Skrodzki 2003).
Adspektion Bei einer ausgeprägten Herzinsuffizienz können typische Symptome wie Husten, Dyspnoe, Umfangsvermehrungen des Abdomens (Aszites) und der Gliedmaßen (Ödeme) deutlich ausgeprägt sein. Vor allem bei angeborenen Herzfehlern, aber auch bei sonstigen Störungen des Gasaustausches kann eine zyanotische Färbung der Schleimhäute auftreten (Kersten und Morisse 2001). Der Vorbericht der Besitzer "blaue Zunge" ist allerdings meistens kritisch einzuschätzen und sollte unbedingt bei der Untersuchung in der Praxis verifiziert werden (Skrodzki 2003, Tobias 2003). Außerdem sollte die V. jugularis in die Adspektion eingeschlossen werden, da sich diese bei einem gesunden Hund niemals erkennbar vorwölbt (Skrodzki 2003).
Palpation Zu palpieren sind der Puls, der Herzspitzenstoß in der Herzregion und gegebenenfalls festgestellte Umfangsvermehrungen. Grundsätzlich sollte parallel zur Auskultation der Puls an der A. femoralis palpiert werden (Pulswelle fast zeitgleich mit 2. Herzton). Auf diese Weise lässt sich bei Herzrhythmusstörungen ein Pulsdefizit feststellen. Eine Herzvergrößerung kann zu einer Verstärkung des Herzstoßes führen. Flüssigkeit im Brustraum oder im Herzbeutel kann den Herzstoß abschwächen und eine Rechtsherzhypertrophie kann diesen verlagern. Herzklappenfehler, die laute Geräusche verursachen (Grad IV-V), können als präkordiales Schwirren an der Brustwand palpiert werden. Bei Verdacht auf eine Aszites ist die Undulations- oder Fluktuationsprobe durchzuführen (Kersten und Morisse 2001).
Perkussion Die Perkussion wird zur Identifizierung eines Hydrothorax (beidseitige horizontale Dämpfungslinien) oder Lungenödems empfohlen (Kersten und Morisse 2001).
Auskulation Die Auskultation ist der wichtigste Teil der Herzuntersuchung. Auch wenn die Möglichkeit einer weiterführenden Diagnostik (Röntgen, Echokardiographie) besteht, darf die Auskultation in keinem Fall vernachlässigt werden.
Die Auskultation sollte am stehenden Tier, systematisch und über einen genügend langen Zeitraum (1-2 min) erfolgen, da manche Herzgeräusche erst nach längerem "Einhören" wahrnehmbar sind. Es sollten stets beide Thoraxseiten und der Brusteingang auskultiert werden. Während der Auskultation sollte zumindest zeitweise der Puls (A. femoralis) palpiert werden. Herz und Lunge müssen separat beurteilt werden. Auf folgende Faktoren ist zu achten:
· Frequenz · Intensität · Rhythmus · Abgesetztheit · Nebengeräusche (FIRAN)
Die Herzfrequenz liegt beim ruhigen, gesunden Hund im Alter bis 6 Monate bei 90-210 und über 6 Monate bei 60-120 Schlägen pro Minute. Schwankungen sind je nach Aufregung, Gesundheits- oder Trainingszustand möglich.
Die Intensität der Herztöne kann durch starke Fettleibigkeit, Erguss in Thorax oder Herzbeutel, Lungenödem, Tumore oder Verlagerung von Organen nach Zwerchfellruptur abnehmen. Eine Zunahme der Herzfrequenz oder der Herzgröße kann eine zunehmende Intensität der Herztöne (pochende Qualität) bewirken.
Bezüglich des Herzrhythmus ist beim Hund an die physiologische respiratorische Sinusarrhythmie zu denken. Diese kann bis zu einer Frequenz von 140 Schlägen pro Minute recht deutlich hörbar sein. Sie zeichnet sich durch eine Frequenzzunahme während der Inspiration und einer Frequenzabnahme während der Exspiration aus. Diese physiologische Arrhythmie verschwindet bei Belastung. Eine krankhafte Arrhythmie wird dagegen durch Belastung verstärkt. Alle Arrhythmien, die nicht in Zusammenhang mit der Atmung stehen, sind krankhaft. Beim herzgesunden Hund sind erster und zweiter Herzton deutlich voneinander abgesetzt. Es folgt eine diastolische Pause.
Als Nebengeräusche werden Störgeräusche (Atmung, Perikard- bzw. Pleuraveränderung, Fellkontakt) und funktionelle Geräusche (Veränderung der Lungendurchblutung bzw. der Viskosität des Blutes) bezeichnet.
Als Herzgeräusche werden Schallphänomene definiert, die durch pathologische Veränderungen im Herzen entstehen. Wird bei der Auskultation ein Herzgeräusch wahrgenommen, muss dieses nach Lokalisation (punctum maximum), Zeitpunkt (Systole/Diastole) und Lautstärke (Grad I-IV) beurteilt werden.
Ein Herzgeräusch vom Grad I ist sehr leise und erst nach mehreren Minuten intensiven Auskultierens hörbar. Ein Geräusch zweiten Grades lässt sich bereits nach wenigen Sekunden hören. Ein Geräusch dritten Grades ist sofort hörbar. Ein Herzgeräusch vierten Grades ist zusätzlich als präkordiales Schwirren palpierbar und ein Geräusch fünften Grades ist bereits mit dem vom Thorax abgehobenen Stethoskop hörbar (Trautvetter und Skrodzki).
Systolische Geräusche treten bei AV-Klappeninsuffizienz, SL-Klappenstenosen und beim intrakardialen Shunt (Ventrikelseptumdefekt) auf. Das systolische Geräusch der AV-Klappeninsuffizienz stellt sich als bandförmiges Geräusch dar. Der Klangcharakter der Stenosengeräusche ist eher an- und abschwellend (Creschendo-Decreschendo-Typ). Diastolische Geräusche sind äußerst selten, sie entstehen bei SL-Klappeninsuffizienz (hallend) und AV-Klappenstenosen. Ein kontinuierliches Herzgeräusch tritt beim persistierenden Ductus Botalli auf (Maschinengeräusch).
|
| | Die Röntgenaufnahme ermöglicht Aussagen über die Folgen einer Herzinsuffizienz (Stauungserscheinungen), nicht aber über die Klappenveränderungen selber. Im laterolateralen (l/l) Strahlengang bei maximaler Inspiration ist auf folgende Veränderungen zu achten: - Anhebung der Trachea, - Y-Form der Bifurcatio Tracheae, - Veränderungen der Herzform, - Steilstellung, - Verstreichen der Herztaille, - Ausbuchtung nach kranial und Kontakt mit dem Sternum. In der dorsoventralen (d/v) Aufnahme bei maximaler Inspiration (Wirbelsäule und Sternum deckungsgleich) ist auf eine Formveränderung (oval bis kreisrund) und Vergrößerung des Herzen zu achten. Die Beurteilung der Veränderungen ist auf Grund der unterschiedlichen Thoraxformen subjektiv. Objektive Messmethoden haben sich in der Praxis nicht bewährt.
Generell gilt, dass bei Volumenüberladung (z. B. persistierender Ductus arteriosus Botalli) eine viel ausgeprägtere Kardiomegalie feststellbar ist als bei einer Drucküberladung (z. B. Aortenklappenstenose), weil bei letzterer die Hypertrophie im Wesentlichen auf Kosten des Ventrikelvolumens erfolgt (Glaus 2006).
Echokardiographie und Elektrokardiogramm
Echokardiographie (Sonographie) und Elektrokardiogramm (EKG) sind wertvolle Ergänzungen zu den "klassischen" kardiologischen Untersuchungsmethoden, die diese aber keinesfalls ersetzen können. Die Echokardiographie ermöglicht Aussagen über den Schweregrad einer Herzerkrankung. Dadurch werden Aussagen über die Prognose und die Therapie möglich (Kersten und Morisse 2001). Das EKG lässt Myokardschäden und Rhythmusstörungen sicher erkennen. Es ermöglicht eine Überwachung der antiarrhythmischen Therapie. Beide Untersuchungsmethoden erfordern einige Erfahrung und stehen nicht in jeder Praxis zur Verfügung. Sie sollen hier deshalb nicht ausführlicher behandelt werden.
Quelle
|