| | Hypothyreose (auch genannt: Schilddrüsenunterfunktion, Hypothyreoidismus)
Was ist Hypothyreose?
Die Schilddrüsenunterfunktion ist eine der häufigsten Hormonerkrankungen beim Hund. Hervorgerufen wird sie durch einen langsam fortschreitenden Funktionsverlust der Schilddrüse. Die Schilddrüse ist der Ort für die Herstellung und Bevorratung von Schilddrüsenhormonen. Diese Hormone sind unverzichtbar für viele normale Funktionen des Körpers. Schilddrüsenhormone erhöhen den Grundumsatz und die Aktivität des Organismus. Wir wissen nicht, was für die Störung der Schilddrüse verantwortlich ist, viele Dermatologen gehen von einer autoimmun bedingten Zerstörung von Schilddrüsengewebe aus.
Welche Symptome sind Hinweise für Schilddrüsenerkrankungen?
Da Schilddrüsenhormone bei so vielen Körperfunktionen wichtig sind, können hypothyreote Hunde ein oder mehrere Symptome zeigen. Viele Hunde werden einfach ruhiger, mögen nicht mehr so lange spazieren gehen oder spielen. In manchen Fällen schlafen sie während eines großen Teils des Tages. Dies wird oft als normaler Alterungsprozess interpretiert und nicht als Symptom einer Erkrankung wahrgenommen. Hunde mit Schilddrüsenunterfunktion bevorzugen warme Plätze. Einige Hunde zeigen Gewichtszunahme, ohne mehr zu essen. Hunde mit Hypothyreose haben oft Hautprobleme. Diese können sich als wiederkehrende bakterielle Infektionen, trockene Haut, sprödes, glanzloses Fell, Haarbruch, Haarausfall und Schwarzverfärbung der Haut äußern.
Wie wird Hypothyreose diagnostiziert?
Die Diagnose der Hypothyreose basiert auf den klinischen Anzeichen und den Ergebnissen von speziellen Blutuntersuchungen. Das Schilddrüsenhormon unterliegt starken tageszeitlichen Schwankungen und wird durch viele Medikamente und auch durch andere Krankheiten beeinflusst. Erniedrigte Werte sind nicht automatisch gleichbedeutend mit einer Schilddrüsenunterfunktion und sollten durch weitere Werte ergänzt werden, bevor eine überflüssige Behandlung mit Hormonen eingeleitet wird.
Wie wird die Hypothyreose behandelt?
Die Hypothyreose wird durch die tägliche Gabe von Tabletten mit Schilddrüsenhormonen behandelt. Die Menge der verabreichten Hormone orientiert sich am Körpergewicht des Hundes, ist jedoch bei jedem Hund ganz unterschiedlich. Deshalb kontrollieren wir den Blutspiegel nach ungefähr 4 bis 6 Wochen. Nur so kann man sicher sein, dass genug Medikament gegeben und das Medikament nicht überdosiert wird. Die Probenentnahme sollte ca. 4-6 Stunden nach Tablettengabe erfolgen.
Zeichen von Überdosierung sind Hecheln, Ruhelosigkeit und vermehrter Urinabsatz. Die Hypothyreose ist nicht heilbar und Schilddrüsenmedikamente müssen lebenslang gegeben werden. Unter Therapie verbessert sich das Allgemeinbefinden, verschwinden die Hautveränderungen und wachsen die Haare nach. Ist dies nicht der Fall, sollte die Diagnose überdacht werden.
Hunde mit Hypothyreose haben eine normale Lebenserwartung und können bei guter Lebensqualität noch lange leben, solange der Blutgehalt an Schilddrüsenhormonen gut eingestellt ist.
Was ist die Ursache einer Schilddrüsenunterfunktion?
Grundsätzlich kennt man beim Hund zwei Mechanismen, die zu einer Schädigung des funktionellen Schilddrüsengewebes führen: Die häufigste ist die chronisch-entzündliche Veränderung, die völlig unbemerkt verläuft, bis durch die Entzündungsreaktion ein großer Teil des Schilddrüsengewebes zerstört und durch nicht-hormonbildendes Bindegewebe ersetzt worden ist. Die zweite (seltenere) Form ist eine autoimmune Thyreoiditis, bei der der Körper Antikörper gegen sein eigenes Schilddrüsengewebe bildet und dieses dadurch zerstört.
Von der "echten" Schilddrüsenunterfunktion unterschieden werden muss das sogenannte "Euthyroid sick syndrome", bei dem die Schilddrüse durch andere Ursachen in ihrer Hormonproduktion gebremst wird. Hierzu gehören schwere Erkrankungen wie beispielsweise tiefe bakerielle Entzündungen oder die Cushing-Erkrankung ebenso wie zahlreiche Medikamente (Cortison, Phenobarbital, manche Antibiotika etc.). Auch bei einer Untersuchung der Schilddrüsenwerte unmittelbar nach oder bei Cortisonbehandlung sind demnach erniedrigte Werte zu erwarten, ohne dass eine Schilddrüsenunterfunktion vorliegt!
Welche Hunde bekommen eine Schilddrüsenunterfunktion und wann?
Die meisten Hunde sind in mittlerem Lebensalter, wenn Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion auftreten. Da diese gewöhnlich schleichend beginnen, der Hund oft als erstes einfach nicht mehr so gerne spielt oder spazieren geht (was oft auf das zunehmende Alter zurückgeführt wird), vergeht meist einige Zeit, bis eine Schilddrüsenunterfunktion schließlich diagnostiziert wird. Die meisten Tiere sind dann 4-8 Jahre alt. Wahrscheinlich beginnen die ersten Veränderungen in der Schilddrüse bei prädisponierten Hunden bereits im Alter von 2 Jahren.
Grundsätzlich können alle Hunde eine Schilddrüsenunterfunktion entwickeln. Überdurchschnittlich oft sind Tiere mittelgroßer und großer Rassen betroffen, insbesondere Airedale-Terrier, Golden Retriever, Labrador Retriever, Deutscher Schäferhund, Dobermann, Boxer, Riesenschnauzer etc. Eine Ausnahme bilden die Dackel, die – obwohl nicht mal mittelgroß – gleichfalls zu dieser Erkrankung neigen.
Welche typischen Symptome gibt es?
Keine, daher wird die Schilddrüsenunterfunktion auch gerne "der große Imitator" genannt. Es gibt eine Vielzahl von Symptomen der Haut und der anderen Organsysteme, von denen einzelne oder viele in allen denkbaren Kombinationen auftreten können. Dies macht die Diagnose mitunter schwierig!
Hautsymptome sind schlechtes oder verzögertes Haarwachstum (wird oft erst nach dem Scheren bemerkt!), Haarausfall ohne Juckreiz v. a. im Bereich des Körpers, insgesamt schütteres Haarkleid, trockenes und/oder brüchiges Fell, vermehrte Schuppenbildung, Neigung zu Hautinfektionen und Ohrentzündungen mit Bakterien und/oder Hefepilzen, "Rattenschwanz" v. a. bei langhaarigen Tieren, evtl. auch verstärktes Haaren oder Veränderung der Fellfarbe (selten). Kopf und Beine sind meist unverändert.
Allgemeine Symptome wie Konditionsmangel, Bewegungsunlust, "Verfressenheit", Gewichtszunahme, Aufsuchen warmer Plätze bzw. Wärmeintoleranz im Sommer sind häufig. Unregelmäßigkeiten bei der Läufigkeit, Gesäugeanbildung mit und ohne Milchproduktion, verringerte Libido und geringere Spermaqualität werden relativ oft gesehen.
Seltener sind Herzprobleme (Herzrhythmusstörungen, Cardiomyopathien) und Veränderungen neurologischer Art wie nachlassendes Hörvermögen, Taubheit, Lahmheiten, Lähmungserscheinungen auch der Gesichtsnerven und epileptische Anfälle.
Am Auge können verschiedenste Veränderungen, beispielsweise Hornhautgeschwüre, Lipidosen etc. auftreten.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Der Vorbericht, die Ergebnisse der Untersuchung des Patienten und verschiedene Blutparameter liefern die Verdachtsdiagnose, die dann durch eine Blutuntersuchung im Speziallabor, bei der verschiedene schilddrüsenspezifische Parameter bestimmt werden, überprüft wird.
Wie wird behandelt?
Die Schilddrüsenunterfunktion ist hervorragend behandelbar. Die nicht genügend produzierten Hormone werden in Tablettenform substituiert (Levothyroxin oder T4). Eine Besserung der allgemeinen Symptome tritt meist schon binnen 2 Wochen nach Therapiebeginn auf, Haut- und Fellveränderungen benötigen bis zur sichtbaren Besserung meist mindestens 4-6 Wochen.
Da Schilddrüsenhormone beim Hund schlechter als beim Menschen aus dem Darm aufgenommen und viel schneller verstoffwechselt werden, müssen sie – gemessen am Körpergewicht – um ein Vielfaches höher dosiert werden. Die Anfangsdosis beträgt etwa 20 µg/kg zweimal täglich (zum Vergleich: die meisten Menschen erhalten 50-100 µg als Tagesdosis!)
Wie wird die Behandlung kontrolliert?
Aufnahme und Verstoffwechslung der Schilddrüsentabletten können von zahlreichen Faktoren beeinflusst werden. Um sicherzustellen, dass der Patient die optimale Dosis erhält, wird etwa 2 Monate nach Behandlungsbeginn die erste Blutspiegelkontrolle durchgeführt. Hier wird exakt 4 Stunden nach der morgendlichen Tablettengabe Blut zur Messung des T4-Blutspiegels entnommen und die Dosierung dann eventuell dem Ergebnis angepasst. Diese Kontrolluntersuchungen werden alle 3-6 Monate wiederholt. Die Behandlung einer Schilddrüsenunterfunktion ist i. d. R. lebenslang (Ausnahme: „Euthyroid sick syndrome“).
|